„Können alle zusammen stolz sein“
Für Österreichs Herren-Volleyball-Nationalteam endete der Premierenauftritt in der FIVB World League am Sonntag mit einer 0:3- (21:25, 19:25, 27:29) Niederlage gegen Spanien. Platz vier in der Gruppe bedeutet zwar ein hervorragendes Ergebnis, reichte allerdings nicht für die Qualifikation für das Final Four in Mexiko am kommenden Wochenende. Nach rund sieben gemeinsamen Wochen beginnt für das Herrennationalteam nun die Sommerpause. Teamtrainer Michael Warm zieht im Interview Bilanz.
ÖVV: Die Bilanz der offiziellen Matches (6xWL + 5x WM-Quali, Anm.) fällt mit sechs Siegen zu fünf Niederlagen positiv aus. Das deckt sich wahrscheinlich auch mit Ihrem Resümee?
Warm: Wir haben einige Matches knapp gewonnen, aber auch einige enge Spiele verloren. Kurz zusammengefasst kann man sagen, dass es uns weitestgehend gelungen ist, die individuelle Qualität unserer Spieler als Team aufs Feld zu bringen. Man muss aber auch zugeben, dass wir in den Matches gegen Moldawien und Spanien kein Gegenmittel gefunden haben.
Woran ist es in diesen beiden entscheidenden Spielen gelegen?
Beide Nationen sind Teams, die kein klares Angriffsspiel bzw. keine klare Struktur aufweisen. Sie spielen zwar oft sehr einfach, sind dafür aber individuell sehr stark. Dazu kommen eine sehr gute Abwehrarbeit und eine effektive Spielweise. Das sind Faktoren mit denen wir schlichtweg nicht gut zurechtgekommen sind. Es ist natürlich sehr ärgerlich, dass das ausgerechnet die beiden entscheidenden Spiele in der WM-Qualifikation bzw. in der World League waren. Wir haben im Endeffekt zwei Riesenchancen nicht nützen können.
Dennoch bleibt die Erkenntnis, dass man erst durch Spitzenleistungen soweit vorgedrungen ist
Das ist natürlich die andere und weitaus positivere Sichtweise. Wir haben bewiesen, dass wir mittlerweile in der Lage sind europäische Spitzenteams zu schlagen. Die Siege gegen Deutschland und die Slowakei bzw. die knappen Niederlagen gegen Griechenland und die Niederlande bestätigen dies. Die Burschen haben genügend Selbstvertrauen aufgebaut, um gegen Gegner, die in der Weltrangliste weit vor uns liegen, bestehen zu können. Dieses Selbstverständnis ist der Lohn der jahrelangen Arbeit.
Abgesehen davon. Was sind für Sie die wichtigsten Lehren?
Die World League hat gezeigt, dass wir in der Lage sind, uns auf verschiedene, vermeintlich etwas fremde Spielstile (Mexiko, Kasachstan, Anm.) einzustellen. Was den Kader betrifft, kann man sagen, dass die drei jungen Mittelblocker Grabmüller, Jurkovics und Schmiedbauer ihre Sache sehr gut gemacht haben und wir nun auch auf dieser Position mittelfristig viel besser aufgestellt sein werden. Außerdem muss man einmal mehr betonen, dass unser Kader noch immer sehr jung ist und noch viel vor sich hat. Wo wir deutlich zulegen müssen, ist der Bereich Grundlagen. In der Abwehr, bei der Sicherung, im Feldzuspiel besteht dringender Bedarf zur Verbesserung. Gegen Spanien haben sich diese Schwächen deutlich gezeigt und auch im Ergebnis niedergeschlagen. Um einen noch höheren Level erreichen zu können, müssen wir in diesem Bereich an Qualität gewinnen.
Heuer blieb in der Vorbereitung wenig Zeit dafür. Bekommen die Spieler Hausaufgaben?
Das Programm war diese Jahr so dicht wie nie zuvor. Wir haben in sieben Wochen 16 Matches bestritten, zuletzt sogar elf Spiele in 21 Tagen. Manche Spieler sind direkt vom Verein zum ersten Testspiel beim Nationalteam gestoßen. Umso wichtiger ist mir daher, dass jetzt jeder eine detaillierte Auswertung bekommt, die mit individuellen Zielstellungen verknüpft ist. Jeder soll genau sehen und erkennen können, woran er arbeiten muss.
Haben Sie auch schon im Betreuerstab die Weichen in Richtung Zukunft gestellt?
Ich denke, dass wir heuer mit den neuen Staff-Mitgliedern Patrick Steuerwald (Co-Trainer), Liane Weber (Athletik), Manlio Puxxedo (Scout) einen wichtigen Schritt gemacht haben. Alle haben zugesagt, auch im kommenden Jahr wieder an Bord zu sein. Diese Kontinuität ist ein großer Vorteil. Im kommenden Jahr können wir bereits auf bestehende Erfahrungswerte und Automatismen zurückgreifen.
2018 steht als großes Ziel die EM-Qualifikation am Programm
Ich gehe davon aus, dass wir noch im Herbst 2017 die Auslosung erfahren werden. Nachdem das Teilnehmerfeld erweitert wird, steht noch nicht genau fest, wie der Qualifikationsmodus aussehen wird. Ich denke aber, dass Nationen jenseits der Top 6-8 der Europarangliste jederzeit in Reichweite sind. Es gibt also nur noch wenige Teams, vor denen wir richtig Angst haben müssen. Vielleicht ergibt sich durch das Abschneiden in der WM-Qualifikation bzw. in der World League auch noch eine Verbesserung in der Rangliste, sodass wir etwas leichtere Gegner bekommen.
Abschließend kommen wir noch einmal auf das FIVB World League Heimturnier in Linz zu sprechen. War das ein Schlüsselerlebnis?
Ich würde sagen, dass alle zusammen zu Recht stolz sein dürfen. Das Team auf die gezeigten sportlichen Leistungen und die zwei Siege. Das OK-Team auf den problemlosen Ablauf und das Interesse des Publikums. Und natürlich auch die ZuschauerInnen auf die tolle Heimspiel-Atmosphäre und ihr Team. Die Veranstaltung hat gezeigt, dass der ÖVV sowohl sportlich als auch organisatorisch den hohen Anforderungen der FIVB World League gerecht werden konnte. Mir persönlich wird diese Woche als großartige Veranstaltung in Erinnerung bleiben. Es freut mich sehr, dass es so gut geklappt hat.
FIVB World League 2017, Vorrundengruppe 3 (02. – 11. Juni)
09.06.: Österreich – Deutschland 3:1 (25:20, 27:29, 30:28, 25:23)
10.06.: Österreich – Mexiko 3:2 (21:25, 25:20, 18:25, 25:22, 15:12)
11.06.: Österreich – Spanien 0:3 (21:25, 19:25, 27:29)
02.06.: Österreich – Venezuela 3:0 strafverifiziert
03.06.: Österreich – Deutschland 1:3 (25:22, 19:25, 23:25, 23:25)
04.06.: Österreich – Kasachstan 3:1 (25:22, 21:25, 25:11, 25:17)
FIVB World Championship-Qualifikation, 2. Runde (23. – 28. Mai)
23.05.: Österreich – Slowakei 3:1 (27:25, 26:24, 19:25, 25:20)
24.05.: Österreich – Griechenland 2:3 (24:26, 25:27, 25:16, 25:23, 13:15)
25.05.: Österreich – Luxemburg 3:0 (26:24, 25:23, 25:20)
27.05.: Österreich – Niederlande 2:3 (22:25, 25:22, 25:23, 22:25, 8:15)
28.05.: Österreich – Moldawien 1:3 (25:22, 29:31, 22:25, 24:26)
– STA