Das EM-Fazit des Präsidenten

  • 20. September 2019

Österreichs Volleyball-Nationalteam der Herren hat sich am Donnerstag von der CEV EuroVolley 2019 trotz Niederlage mit einer guten Leistung gegen das Weltklasseteam Serbiens verabschiedet. ÖVV-Präsident Gernot Leitner zieht Bilanz:

„Auch wenn wir unsere Zielsetzung (Aufstieg aus der Gruppe), die zugegeben, nach dem Ausfall von Paul Buchegger, hoch angesetzt war, nicht erreicht haben, verlassen wir Belgien mit vielen Erkenntnissen, die uns in Zukunft sehr helfen sollten.

Aber nun einmal von Anfang an, wir haben in den letzten zwei Jahren sechs EM Teilnehmer (Deutschland, Portugal, Griechenland, Nordmazedonien, Türkei und Slowakei) in Bewerbs- oder Freundschaftsspielen geschlagen und wissen, dass wir auf dem Niveau inzwischen bestehen können. Warum es bei Österreichs erster EM-Teilnahme, die wir aus eigener Kraft geschafft haben, dann doch nicht zum Aufstieg bzw. zum ersten Sieg gereicht hat, hat mehrere Gründe: In den ersten Spielen waren wir verkrampft und wahrscheinlich mit zu hoher Erwartungshaltung hineingegangen und darum haben in den ersten drei Spielen nie alle 6+1 am Spielfeld ihre beste Leistung gezeigt. Das vorentscheidende Spiel gegen die Slowakei, das wir super konzentriert und aggressiv begonnen haben, ist uns leider im zweiten Satz komplett entglitten, auch weil wichtige Leistungsträger keinen optimalen Tag hatten.

Gegen Spanien war es eine positive Überraschung, dass sich das Team nach den Leistungen der ersten Tage moralisch rausgerissen hat und einen großen Kampf gegen den Europameister von 2007 geliefert hat.

Die Erkenntnis ist, dass wir in der zweiten Gruppe von ca. Platz 12 bis 24 dabei sind und an „normalen“ Tagen diese Teams in Vollbesetzung schlagen können. Aber, und das ist meine persönliche Erkenntnis, man merkt, dass wir in Sachen Volleyballtradition und Ausbildungsqualität den meisten Nationen hinterherhinken, das macht sich vor allem in der Dichte an leistungsfähigen Spielern bemerkbar. Dadurch ist die interne Konkurrenz überschaubar und man ist sehr von wenigen Leistungsträgern abhängig. Das zu verbessern, ist ein wesentliches Ziel des ÖVV und die Kombination aus Schulsportmodellen, Landes-Leistungszentren, sowie den Akademien muss qualitative Ergebnisse liefern. Es ist auch wichtig, dass alle unsere Ausbildenden die internationalen Standards kennen, wie heutzutage Volleyball trainiert und gespielt wird. Die körperliche, aber auch athletische Überlegenheit der meisten Nationen war definitiv sichtbar und muss Grund für mehr Schwerpunktprogramme in diesem Bereich sein.

Wenn wir alle  in Österreich verfügbaren Ressourcen gut einsetzen, dann ist das schaffbar. Die Ausrede Budgets gilt zwar auch (der belgische Verband hat das 3-fache Budget Österreichs und 3.000 zertifizierte TrainerInnen), aber wir haben auch Aufholbedarf, weiter zu professionalisieren.

Teamchef Micha Warm hat jedenfalls mit viel Geduld und Akribie eine Generation aufgebaut, die große Vorbilder in der nationalen Szene sind. Die meisten werden uns in den kommenden Jahren wohl noch viel Freude bereiten können.

Zu guter Letzt muss unsere Enttäuschung über die Vermarktung der EM-Vorrunde erwähnt werden – denn selbst bei den Belgien-Spielen waren kaum mehr als 1.500 Zuschauer in den Hallen und bei den anderen Spielen haben sich immer nur eine Handvoll Angehörige in die Halle verirrt. Wenn man die anderen Gastgeber-Länder betrachtet, wäre es schon möglich gewesen, die EM besser zu promoten.“