„Alles hat perfekt gepasst“

  • 17. August 2017

Knapp eineinhalb Wochen dem Vize-Weltmeistertitel baten wir Clemens Doppler zum Interview. Während sein Partner Alex Horst derzeit mit Interimspartner Julian Hörl die Europameisterschaft in Lettland bestreitet, stehen für Doppler in Wien Therapien für sein Knie bzw. die Vorbereitung auf das World Tour Finale in Hamburg in der kommenden Woche am Programm.

ÖVV: Vielen Dank, dass Du Dir auch für das gefühlt 100ste Interview Zeit nimmst…
Doppler: Ganz so viele waren es dann doch nicht, für uns aber dennoch eine ganz neue Dimension. Wir sind von den Turnieren in Klagenfurt schon einiges gewohnt, aber die letzte Woche hat alles in den Schatten gestellt. Das Interesse war enorm und die Medientermine kaum unter den Hut zu bringen.

Gibt es schon eine Frage, die Du absolut nicht mehr hören kannst?
Jetzt nach der WM sehe ich das sehr entspannt. Ganz anders die Zeit vor dem Beginn. Da haben sich die Fragen ständig wiederholt und sehr oft darum gedreht, was passiert, wenn es nicht laufen sollte.

Blicken wir nochmals auf die WM zurück. Gab es für Dich persönlich den Moment, wo Du gemerkt hast, dass es „läuft“?
Ich würde sagen, dass sich dieses Gefühl erstmals im zweiten Satz des Eröffnungsmatches gegen den Iran eingestellt hat. Auch die Niederlage gegen Kanada im dritten Gruppenspiel hat diesen Eindruck weiter verstärkt. Da haben wir uns gesagt, dass eigentlich nichts (Aufstieg als Gruppenzweiter, Anm.) passiert ist und schon genau gewusst, dass wir in diesem Turnier für jeden Gegner ein schweres Los sein werden. Wir haben uns aber generell vom ersten Moment an richtig wohl gefühlt. Alles hat perfekt gepasst. Vom Sand, über die Stimmung bis hin zum Wetter.

Was waren für Dich die emotional schwierigsten Momente des Turniers?
Ich war eigentlich nur zweimal richtig nervös. Einmal vor dem Eröffnungsspiel und dann beim Matchball im Halbfinale gegen Russland. Da habe ich den Alex kurz gefragt, ob wir nicht eine Auszeit nehmen sollen. Der hat nur geantwortet, dass wir das auch so packen. In diesem Moment wurde mir kurz bewusst, welche Chance vor uns liegt. Zum Glück haben wir sie genützt!

Während sich bei den Damen weitestgehend die Favoritinnen durchgesetzt haben, stand im Final Four der Herren mit den Brasilianern nur ein vermeintlicher Top-Favorit. Hast Du eine Erklärung dafür?
Großartig Gedanken darüber habe ich mir ehrlich gesagt nicht gemacht. Fakt ist aber, dass es praktisch bei jedem Turnier andere Zusammenstellungen der Podiumsplätze gegeben hat. Die Dichte ist gewaltig und nimmt noch weiter zu. Umgekehrt waren die Bedingungen in Wien sicher nicht leicht. Angefangen vom Wand, der oft ziemlich gedreht hat, bis zum riesigen Centercourt. Vor der WM hätte ich übrigens auf die Polen Kantor/Losiak getippt, die wir dann im Viertelfinale schlagen konnten.

Wie bewertest Du den Einfluss des Heimvorteils. Manche stellen in den Raum, dass ihr die eine oder andere Begegnung auf einem Sidecourt ohne die Unterstützung der 10.000 heimischen Fans wahrscheinlich nicht gewonnen hättet?
Grundsätzlich bin ich schon von unserer großen Qualität in diesem Turnier überzeugt und glaube doch, dass wir viele Matches gewonnen hätten. Was sich am Centercourt, speziell bei den Big Points, abgespielt hat, war aber einfach gewaltig. Da werden zusätzliche Kräfte frei und die Stimmung macht natürlich auch Eindruck auf die Gegner.

Was bekommt Ihr vor dem Match von der Atmosphäre mit, wenn Ihr Euch am Warm-Up Court bereitmacht?
ALLES! Man hört genau, wie das Publikum tobt und die Moderatoren die Fans auf das bevorstehende Match einschwören. Ich empfinde das als zusätzlichen Push und liebe dieses Gefühl!

Auffällig war auch, dass Ihr fast nach jedem Match, teilweise noch relativ spät, für die Fans da wart und geduldig Autogramme geschrieben habt. Ist das nicht eine Gratwanderung?
Im Nachhinein kann ich jetzt sagen, dass wir das alles im Griff gehabt haben und genau gewusst haben, was wir tun. Das stimmt auch insofern, dass wir in den vergangenen Jahren in Klagenfurt viele Erfahrungen im Umgang damit gesammelt haben und schon einschätzen können, wo unsere Grenzen liegen. Ohne den Erfolg, würden das manche jetzt aber sicher kritisieren. Wir sehen uns allerdings gegenüber den tollen Fans und den Sponsoren auch dazu verpflichtet auf diese Weise etwas zurückzugeben und haben die Zeit gerne dafür genutzt. Im Übrigen ist es auch eine willkommene Ablenkung.

Du bist auch jener österreichische Beach Volleyballer mit den meisten Fan-Interaktionen in den Sozialen Medien. Ist das für Dich mehr als ein Teil des Jobs?
Ich nutze die Sozialen Medien bewusst, um mit den Fans in Kontakt zu kommen. Während der WM und danach ist das Interesse tatsächlich explodiert. Grundsätzlich steht es jedem frei, wie er mit diesem Thema umgeht. Ich denke aber, dass die Reichweiten auf Facebook und Instagram immer mehr Relevanz für Sponsoren und Partner haben werden und auch dementsprechend abgebildet werden. Mir macht das Spaß und passt daher perfekt.

Kommen wir noch zur Gegenwart. Wie läuft Deine „Wiederherstellung“ nach der anstrengenden WM?
In Richtung der World Tour Finals in Hamburg in der kommenden Woche ist momentan alles auf Schiene. Die Therapie funktioniert gut und ich kann mich momentan voll auf meinen Körper konzentrieren. Ich freue mich auf einen weiteren hochwertigen Wettkampf mit den besten Teams der Tour und das erste Antreten nach der WM-Silbernen!

Alex spielt seit Mittwoch mit Julian Hörl die EM in Lettland. Was traust Du den beiden zu?
Ich bin sicher, dass die beiden gemeinsam viel Spaß haben und locker spielen werden. Nach nur eineinhalb gemeinsamen Trainingseinheiten wäre alles andere auch ein Blödsinn. Julian ist ein sehr interessanter Spieler, der aus meiner Sicht, in der Zukunft noch stärker gefördert gehört. Alex kann ihn als Routinier sicher sehr unterstützen. Nicht zuletzt von seiner frechen Art kann sich Julian einiges abschauen. Ich traue den beiden einiges zu. Was Lockerheit bewirken kann, hat man ja in Wien gesehen…
– STA